Welches Recht ist bei Ehescheidungen von Ausländern anwendbar?

 

Mit zunehmender Migration nimmt auch die Zahl der Ehescheidungen zu, bei denen einer oder beide Ehepartner nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.

Für diese Fälle sind verbindliche Regeln erforderlich, wo und nach dem Recht welchen Staates die Ehescheidung durchgeführt wird.

 

 

ROM III


Bis Ende Juni 2012 wurde dies für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland in Art. 17 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) geregelt. Seit dem 21. Juni 2012 gilt nun eine europaweit einheitliche Regelung mit dem schönen Namen

VERORDNUNG (EU) Nr. 1259/2010 DES RATES vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts 

oder kurz: Rom III.

 


Zuständigkeit


Zuständig für die Ehescheidung und, soweit im nationalen Recht (etwa von Italien) vorgesehen, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, ist in Deutschland immer das örtlich zuständige Familiengericht.

 

 


Rechtswahl


Anders als nach bisherigem Recht können die Ehegatten wählen, nach welchem (materiellen) Recht die Ehescheidung erfolgen soll. Dieses Wahlrecht unterliegt allerdings bestimmten Einschränkungen:

 

 Gewählt werden darf nur das Recht eines Staates,

 

 *in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gemeinsamen Aufenthalt haben, oder

 

*in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, oder 


*dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt, oder


*das Recht des Staates des angerufenen Gerichts.

 

Das gewählte Recht muss mit den Grundrechten vereinbar sein, es darf keinen der Ehegatten in seiner Chancengleichheit oder freien Rechtswahl beeinträchtige n. 

 

 

Scheidungsrecht ohne Rechtswahl

 

Soweit eine solche Rechtswahl nicht getroffen wurde, gilt das Recht des Staates,   

*in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, oder anderenfalls

 

*in dem die Ehegatten im letzten Jahr vor der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten und einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder anderenfalls  

 

*dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts besitzen, oder anderenfalls,

 

 

Diskriminierungsverbot

 

Zwingend anwendbar ist das Recht des Staates des angerufenen Gerichts, wenn das ansonsten anzuwendende Recht entweder eine Ehescheidung überhaupt nicht vorsieht oder einem der Ehegatten aufgrund seiner Geschlechtszugehörigkeit keinen gleichberechtigten Zugang zur Ehescheidung gewährt.

 

Während bei der Rechtswahl keine Prioritäten vorgeschrieben sind, gilt hier, dass zwingend das Recht des Staates gilt, in dem die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Nur dann, wenn es einen solchen gemeinsamen Aufenthalt bei Einreichung des Ehescheidungsantrages nicht gibt, gilt die nächste Ziffer usw. .

Auch wenn es sich um eine EU-Verordnung handelt, betrifft sie auch die Bürger von Nicht-EU-Staaten, soweit sie eine Ehescheidung in einem EU-Staat anstreben.